Gentrifizierung in Namen

Jedes Ding braucht seinen Namen und der Vorname des massenhaften Zuzugs von konservativ-bürgerlichen jungen Paaren nach Mitte hört sich an wie

Viktor Paul Theodor Graf von

weil ein Vorname bekanntlich nicht reicht. Es braucht deren mindestens zwei, besser sogar (wie im Beispiel des ersten Eintrags in diesem Taufbuch) drei.

Und das liest sich seltsam, wie Andrej Holm in seinem Blog richtig feststellt:

Die Taufliste der Evangelischen Gemeinde am Weinbergsweg (an der Schnittstelle von Mitte und Prenzlauer Berg) liest sich wie eine Mischung aus FDP-Wahlliste für das Europaparlament und dem Verzeichnis der höheren Beamten des Diplomatischen Dienstes.  Der Wortsinn der Gentrification – der ja auf die Wiederkehr des niederen Landadels (der Gentry) in den Städten anspielt – bekommt hier jedenfalls einen unerwarteten Realitätsgehalt.

Aus Ronny wurde Viktor Bla Bla Graf von und aus einem normalen Innenstadtbezirk ein Aufmarschgebiet für den Landadel und dessen Nachahmer. Schade eigentlich. Stadtentwicklung könnte ja auch Vielfalt fördern. Aber dies ist vermutlich die letzte Phase einer Entwicklung, die mit der zunehmenden Bekanntheit der Szene vom Prenzlauer Berg begann. Für mich ist der Bezirk in punkto Lebendigkeit und Vielfalt gestorben, seit einer von uns vertretenen Punkerin aus dem Stand 15.000 EUR Abfindung für ihre relativ schäbig gelegene 1 1/2 Zimmer Altbau-Mietwohnung geboten wurden. Welche Verwertungsketten das in Gang setzt und welche Viktors am Ende einer solchen Entwicklung stehen, kann ich mir leicht vorstellen.

Nullserie Weihnachtstasse

Das Motiv für die Nullserie der Weihnachtstasse vom ImmoAdvo kam zufällig im Mai 2013 in Glasgow vor meine Linse. Ein schottisches Reisebüro wirbt eben immer sparsam. Und das geht am besten mit einem selbst gemalten Schild wie hier:

Long Stay – Winter Offer – Flight Only – Palma

Und wie schön Mallorca auf den Schotten im Mai wirkt (wenn es + 8 Grad und Windstärke 6 hat), kann sich jede/r vorstellen.

Merry #Xmas, folks!

 

Eigenbedarf für Anwaltskanzlei und Besucher

Zu den Tiefpunkten der mietrechtlichen Rechtsprechung der letzten Jahre gehörten die „Rechtsanwältin-Entscheidung“ des BGH vom 26.09.2012 sowie die „Tochterbesuche“ Entscheidung des LG Berlin vom 22.08.2013.1 Nicht wegen des Ergebnisses, sondern wegen der Begründungen. In beiden Fällen verkannten die Gerichte ihre Entscheidungskompetenz und nahmen „echten“ Eigenbedarf im Sinne des § 573 Abs. 2 Nr. 2  BGB an, obwohl es sich in beiden Fällen allenfalls um sonstigen Bedarf bzw. nicht um privilegierte Gebrauchsformen im Sinne dieser Vorschrift handeln konnte. Mit der Folge, dass bei einwandfreier Rechtsanwendung in beiden Fällen kein „Eigenbedarf“ (genauer: kein Kündigungsgrund) vorgelegen hätte.

In seinem jüngsten Aufsatz zu diesem Problem in der jüngsten WuM2 legt der in Berlin und Innsbruck lehrende Professor Häublein dar, welche schlicht ausgedrückt schlampigen Einordnungen unterschiedlicher Sachverhalte dem zu Grunde liegen. Unbedingt lesenswert!


  1. LG Berlin, Urteil vom 22.08.2013 -67 S 121/12- in WuM 2013, 741 

  2. Häublein, Eigenbedarf und eigenbedarfsähnliche Kündigungsgründe WuM 2014, 635 

Fachanwalt und nun?

2014-05-20_FAanwalt_webHeute in der Eingangspost eine schwergewichtige Urkunde der Rechtsanwaltskammer Berlin:

Mir wurde die „Berechtigung verliehen, die Bezeichnung Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht zu führen“.  Der Lehrgang war interessant (ich hatte auch Gelegenheit, für die Klausuren lesbares Schreiben einzuüben), die Klausuren waren Sport aber die für die Zulassung erforderliche Fallsammlung (120 Fälle aus den Rechtsgebieten, sauber dokumentiert und mit Erläuterungen) war wirklich hart.

Liebe Kollegen und Klienten, ihr dürft mich jetzt mit Sie anreden. Bei dem vorgerückten Alter habe ich das ohnehin langsam verdient….

Spandau bleibt anders

Beitrag BERDer in meinen Augen skurrilste Mieterverein Deutschlands ist der „Spandauer Mieterverein für Verbraucherschutz“, auf dessen Homepage man sich jetzt auch im Ton des empörten Steuerzahlers zum Flughafen BER zu Wort meldet. Verbunden mit dem seltsamen Vorschlag, den rührigen Herrn Troschitz (Präsident des Vereins) zum Aufsichtsratsvorsitzenden der BER Flughafengesellschaft zu küren.

Der Verein war mir in der Vergangenheit vor allem dadurch aufgefallen, dass er seine Mitglieder in eine Vielzahl von verlustreichen Prozessen um Nebenkostenabrechnungen einer Siedlung in Kladow verwickelte, die zum Teil auch aktiv durch jenen Herrn Weiterlesen

Müllablagerung im Panorama

Bild

Wenn ein illegal betriebener Veranstaltungssaal am Mehringdamm geräumt wurde, dann sieht das hinterher so aus:

Sperrmüll am Hochzeitssaal

Sperrmüll am Hochzeitssaal

Trotzdem sind wir froh, diese Räumung abgeschlossen zu haben. Der ohne Genehmigung des Bezirksamts für Hochzeiten und ähnliche Veranstaltungen genutzte Saal (die Ausstellungshalle eines ehemaligen Autohauses) hatte weder eine Betriebsgenehmigung noch eine Abnahme für Fluchtwege und Brandschutz. Als zuletzt die Teilnehmer einer „Debattierweltmeisterschaft“ ihre Abschlussfeier dort machten, musste schon kurz nach Beginn der Notarztwagen kommen. Es war hochprozentiger Alkohol eimerweise ausgeschenkt worden und ein Teilnehmer war kollabiert.

Nichtstun und Montagskrankheit

Aus dem Wartebereich eines Berliner Anwalts stammt dieses Bild. Was ist da los?

Wartezimmer des ImmoAdvo

Rätselhafte Slogans im Wartezimmer des mietrechtlich tätigen Anwalts

Die immer wieder interessante Wirtschaftszeitung Brand Eins hat einfach in Faible für avantgardistische Schwerpunktthemen mit provokanten Titeln. Und nein: Montags geht es mir bestens und Nichtstun ist interessant, aber nicht die einzige Option.

Trainer Mietrechtsreform 2013

TrainerparkplatzMomentan sind andere Trainer (in München und Dortmund) populärer, aber ich hatte letzte Woche wieder das Vergnügen, einigen Verwaltern und Immobilienleuten aus dem Raum Hannover die Feinheiten der Mietrechtsreform 2013 nahe zu bringen. Und dabei wurde ich vom bemühten Hotel zum „Trainer“ befördert. Jedenfalls auf dem Parkplatz. Selbst würde ich mich ja eher als Coach bezeichnen, aber der ist auch im Spiel dabei. Trainer passt also in diesem Fall doch. Erinnerungen an meine Zeit als Basketballtrainer kommen da natürlich sofort hoch.

Und: Es lohnt sich wirklich, die durchaus zahlreichen Neuerungen der Mietrechtsreform 2013 in einer Fortbildung oder einem Seminar wie hier beim Dashöfer Verlag zu trainieren. Bei Interesse kommt der Trainer auch zu Ihnen.

Miete direkt vom Amt

Ein häufiges Problem bei der Vermietung von Wohnungen an Leistungsempfänger besteht darin, dass die Mieter sich Beihilfen zu den Unterkunftskosten direkt ausbezahlen lassen, diese jedoch nicht oder nicht vollständig an den Vermieter weiterleiten. Einziger Ausweg: Der Vermieter lässt sich Unterkunftsbeihilfen vom Leistungsträger direkt auszahlen. Dafür muss man aber rechtzeitig vorsorgen.

Die direkte Auszahlung von Unterkunftsbeihilfen war nach der früher geltenden Rechtslage weit gehend in das Ermessen des Leistungsträgers gestellt. Die direkte Auszahlung erfolgte in der Regel nur, wenn konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden oder konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet. Beide Voraussetzungen lagen in der Praxis nur in wenigen Fällen vor, so dass nur in seltenen Fällen eine direkte Übernahme der Unterkunftsbeihilfen erfolgte. Zudem war die Entscheidung über eine direkte Übernahme weitergehend in das Ermessen des Sachbearbeiters beim Leistungsträger gestellt.

Seit der Änderung des § 22 Abs. 7 SGB II besteht die Möglichkeit, die direkte Auszahlung von Unterkunftsbeihilfen durch einen entsprechenden Antrag des Leistungsempfängers quasi zu erzwingen. Für den Vermieter besteht daher die Möglichkeit, bereits bei der Vertragsanbahnung den Mietinteressenten zur Übergabe eines entsprechend ausgefüllten und durch die Mietinteressenten unterschriebenen Antragsformulars anzuhalten. Liegt ein solcher fertiger Antrag bereits vor Mietvertragsabschluss vor, so kann der vorbereitete Antrag spätestens dann beim Leistungsträger eingereicht werden, wenn der Mieter und Leistungsempfänger seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommt.

Von dieser Möglichkeit sollte standardmäßig dann Gebrauch gemacht werden, wenn er die Vermietung an einen Leistungsempfänger erfolgt und der Leistungsbezug bereits bei Anbahnung des Mietverhältnisses offen gelegt wird.