Ich liebe dieses Rauschen im Blätterwald. Diverse Berliner Amtsgerichte haben mal wieder sehr unterschiedliche Ansichten zu einem nicht wesentlichen Thema. Während das AG Charlottenburg (GE 2006, 1619) meint, der Vermieter müsse die Lage der Wohnung im Klageantrag der Zustimmungsklage bezeichnen, begründet das AG Schöneberg in GE 2006, 1621 die andere Ansicht.

Wer hat Recht? Die bessere Begründung und wohl auch Recht hat das Amtsgericht Schöneberg. Die Verurteilung zur Zustimmung ist ein Gestaltungsurteil; gemäß § 894 ZPO findet eine Vollstreckung aus dem Urteil nicht statt.

Daher kommt es auf die Lage der Wohnung nur dann an, wenn

  • die Wohnung in der Klageschrift nirgends bezeichnet ist (auch nicht in der Klagebegründung) und
  • Verwechselungsgefahr besteht (weil der Mieter zwei oder mehr Wohnungen im selben Haus hat).

Wie sich aus der sorgfältigen Begründung des AG Schöneberg ergibt, hatte die in beiden Fällen klagende Deutsche Annington aber einen anderen Fehler gemacht. Es wurde im Klageantrag noch nicht einmal die Anschrift der Wohnung genannt.

Und DAS dürfte dann wirklich zu wenig sein. Denn es ist immerhin möglich, dass ein Mieter in Berlin oder im Bundesgebiet mehr als eine Wohnung hat, oder?

Während Bayern lange Zeit Spitze war im „Abmessern“ von Mietern (die erfolgreichen Kreuzzüge des Kollegen Luft aus Regensburg zum Bundesverfassungsgericht nach Karlsruhe sind mir in lebhafter Erinnerung) ist Berlin traditionell die Stadt, wo es Vermieter vor dem königlichen Amtsgericht schwer haben.

So auch der arme Berliner Vermieter, der es wagte, nach fristloser Kündigung einen Mietausfallschaden geltend zu machen und durch das Amtsgericht beschieden wurde, dann hätte er eben früher und vorher ordentlich kündigen müssen.

Solchen Unfug (wie etwa auch im Fall unserer Kanzlei eine bestrittene Eigenbedarfskündigung ohne Beweisaufnahme) macht der VerfGH Berlin nicht mit und hat (GE 2006, 1470) zur Begründung ausdrücklich den Ausdruck „objektiv willkürlich“ verwendet.

Nur zur Erinnerung: Der kühne Amtsrichter unterliegt bei juristischen Dingen keiner Dienstaufsicht, macht sich aber in Fällen der Rechtsbeugung und „objektiven Willkür“ möglicherweise persönlich schadensersatzpflichtig und strafbar.

Kurs und Gut – klein und gut?

Die Berliner Fachseminare „Kurs und Gut“ haben nicht nur die Preise gesenkt, sondern auch die Schriftgrößen in ihrem wenig informativen Internetauftritt so klein gestaltet, dass ich die Referentenliste selbst mit teurer Gleitsichtbrille kaum noch lesen kann. Offensichtlich verlässt man sich dort auf die Macht der Massendrucksache und verzichtet lieber darauf, genauere Informationen zu den regelmäßig angebotenen Seminaren im Internet zu präsentieren.

Ein Grund dafür ist sicherlich die gnadenlose Konkurrenz der Seminaranbieter: Liest ein Konkurrent, was der Andere vorhat, wird innerhalb weniger Tage ein gleiches Produkt kreiert und angeboten. Was bei den eher alltäglichen Themen vieler Anbieter auch nicht weiter schwer fallen dürfte.

Voraussichtlich zum Jahresende wird die Zivilkamer 64. des Landgerichts Berlin aufgelöst. Die Kammer war lange Jahre zuständig für Wohnraummiete (Berufungen) aus den West-Berliner Bezirken Neukölln und Spandau und damit auch recht gut ausgelastet. Dies hat sich aber offenbar mit der zunehmenden Verarmung beider Bezirke geändert, so dass der geringe Geschäftsanfall keine eigene Berufungskammer mehr rechtfertigt.

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Haus und Grund Berlin – Plagiat oder Irrtum

Was soll das, möchte sich der Verfasser manchmal fragen, wenn er Websites wie diejenige von HausundGrund sieht.

Mal ganz abgesehen davon, dass weite Teile der Seite dem Benutzer von Firefox verborgen bleiben („Front-Page Image Map“) und sämtliche Links funktionsunfähig sind. Grauenhaftes Webdesign hat jetzt für mich einen neuen Namen 😉

Dies dürfte jedenfalls in der Namensgebung ein recht dreister Plagiat sein. Wer sich hinter dieser Webpräsenz verbirgt, konnte von mir jedenfalls nicht in Erfahrung gebracht werden. Denn sämtliche Links sind bei mir funktionsunfähig.

Gewagt ist, was die Eigentümerin einer größeren Wohnanlage am Lützowplatz versucht. Hier wurden Kündigungen ausgesprochen um die Mieter zum Auszug zwecks Abriss zu bewegen. Dem vorausgegangen waren langwierige Auseinandersetzungen mit dem Bezirksamt Mitte um die notwendige Abrissgenehmigung.

Eine Sanierung der Wohnungen kommt nach den Planungen der Eigentümerin DIBAG nicht in Betracht. Dagegen loben die Mieter zweckmäßige Grundrisse, ruhige Lage (am Lützowplatz!), tolle Terrassen und hohen Wohnkomfort.

Die auf Hinderung wirtschaftlicher Verwertung gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB gestützte Kündigung ist für den Vermieter riskant. Letztlich wird „wirtschaftliche Verwertung“ bzw. deren Hinderung damit als Einbahnstraße Richtung Neubau verstanden.

Es bleibt abzuwarten, ob sich die Gerichte der Rechtansicht der Vermieterin anschließen werden. Immerhin hat bis heute in Berlin jedenfalls meines Wissens noch kein Vermieter diesen Kündigungsgrund mit Erfolg geltend gemacht. Versucht haben dies Einige….

Gleichstellung und Gleichbehandlung beim Berliner Mieterverein

Wohl als Fortbildung gemeint sind die Informationen des Berliner Mietervereins zum Allgemeinen Gleichstellungsgesetz (AGG). Doch die einfachen Beispiele

Die Familie Schneider hat 5 Kinder und bewirbt sich um eine 6-Raum-Wohnung. V. sagt, „Mit Asozialen mache ich keine Verträge“.

nähren meine Befürchtung, dass es nach Mietminderungstabellen demnächst auch einen Ratgeber für Ungleichbehandelte geben wird. Und rechtsschutzversicherte Menschen mit viel Zeit werden dies als neues Betätigungsfeld erschließen.
Den Mieterverein kümmert das nicht: Seine Mitglieder dürften (da es sich nicht um einen mietrechtlichen Anspruch handelt, der allein nach den dortigen Bedingungen versichert wäre) keine Ansprüche gegen die Prozesskostenversicherung des Berliner Mietervereins stellen und damit leicht zu betreuen sein.

Lügen haben kurze Beine. Die Mandanten hatten eine neue Badewanne eingeklagt, weil die alte- fast bis auf den Wannenträger durchgerostet war. Da kommt eine Fachfirma des Vermieters (Trockenbau und ähnliche interessante Geschäfte), reisst die alte Badewanne aus dem Träger, beschädigt dabei exakt 5 Fliesen, schraubt den Abfluss des Waschbeckens neben der Wanne ab, wirft das Abflussrohr aus dem Fenster in den Hof, setzt die neue Badewanne ein, verschmiert die Fugen mit etwa 2 cm breiten Silikonfugen, verschmiert die fehlenden und gebrochenen Fliesen mit Gips, malt den Gips passend zur Farbe der alten Fliesen an und verlässt den Ort des Geschehens.

Die Mandanten haben sich die Hände gewaschen. Da stand das Badezimmer unter Wasser. Das Abflussrohr lag ja im Hof.

Da kommt die Firma zurück, nimmt das Rohr vom Hof, verbindet das Waschbecken wieder mit der Badewanne, beschädigt noch einige Fliesen, brüllt etwas herum und verschwindet dann für immer.
Kurz nach diesem Vorfall bekommen wir Post von der Firma: Wir hätten im Zwangsvollstreckungsverfahren behauptet, die Firma habe keine ordentliche Arbeit geleistet. Das trifft zu (beides). Also bitte Widerruf, Vertragsstrafe und sonst Gericht.
So geht das heute: Erst mit Rohren werfen und Fliesen zerkloppen, dann herumheulen und nach Satisfaktion rufen, wenn einer das nicht richtig finden sollte.

Gaszentralheizung als Modernisierung

Das Problem ist bekannt: Der Mieter hat eine Gasetagenheizung und soll eine Gaszentralheizung bekommen. Subventionen der Gasag machen es (nicht nur in Berlin) möglich. Ob das eine Modernisierung ist, war jedenfalls früher heftig umstritten. Die Zivilkammer 67. des LG Berlin hat in diesem Punkt offensichtlich ihre Meinung geändert:

In älteren Entscheidungen war die Kammer noch der Ansicht, allein der Austausch der Anlagentechnik (um nichts anderes handelt es sich hier) stelle noch keine Modernisierung dar. Anders jetzt.

Die Umstellung führe zu einer Energieeinsparung1. Die Kammer hatte Beweis erhoben über die Energieverbräuche von Gasetagenheizungen zu einer modernen Gaszentralheizung. Der Gutachter ermittelte eine Energieeinsparung von 9,2 % auf der Basis von durchschnittlichen Benutzungswerten.

Die Entscheidung lässt außer Acht, dass bei einer Gasetagenheizung der Energieverbrauch individuell gesteuert und daher in besonderem Maße zu sparsamer Verwendung von Primärenergie motiviert wird. Das Problem scheint mir nicht zu sein, dass ein „objektiver“ Maßstab, also ein in jedem Fall durchschnittlicher Verbrauch des Mieters anzusetzen ist. Vielmehr ist allein die Option einer individuellen Steuerung des Verbrauchs eine objektive Möglichkeit zur Energieeinsparung. Die hat der einzelne Mieter hinter einer großen Gaszentralheizung mit einer gewissen Grundlast zweifelsohne nicht.

Fraglich erscheint auch, ob die lediglich geringfügige Energieeinsparung von rechnerisch 9,2 % eine nachhaltige Wertverbesserung darstellt. Vielmehr dürften derartig geringe Schwankungen und Unterschiede auf der Basis rein theoretischer Annahmen keine sichere Prognose über den Energieverbrauch ermöglichen.

1LG Berlin in MM 2005, 145

 

Richterin Paschke und der Durchschnittsmieter

Die (Vorsitzende-) Richterin am Landgericht Berlin Paschke schreibt im Grundeigentum (GE 2006, 265) über den durchschnittlich gebildeten Mieter oder auch Durchschnittsmieter. Die Autorin ist (das weiß ich aus mehreren unabhängigen Quellen) im Richterkollegium wie auch bei Anwälten und Prozessparteien für Zweierlei gefürchtet: Präzise Aktenkenntnis auch der entlegenenen Details sowie eine echt Berliner Kodderschnauze. Letzteres meint die manchmal grob wirkende, immer aber herzliche und direkte Ansprache, welche nicht nur die legendären Berliner Taxifahrer kultivieren.

Ein echter Gewinn, dass die Kollegin jetzt auch weniger juristisch schreibt, und zwar im Grundeigentum, unter der Rubrik .. Paschkes unjuristische Betrachtungen gleich auf der ersten werbefreien Seite. Es geht über den Durchschnittsmieter, eine juristische Fiktion, die ich noch aus den Zeiten kenne, als Mieterhöhungen im sozialen Wohnungsbau gaaanz schwierig waren.

Das ist ebenso lesenswert wie die Kolumnen des Herausgebers Dieter Blümmel. Oder manchmal die Bemerkungen des Kollegen von Seldeneck aka RA Schandmaul im ansonsten eher entbehrlichen Info(letter) M.

Durchschnittlich muss er nämlich immer sein, der Mieter, welcher eine Betriebskostenabrechnung bekommt und bezahlen soll. Durchschnittlichkeit ist Voraussetzung der Fälligkeit und damit für den Vermieter Maßstab aller Dinge. Und das trägt Frau Paschke sehr schön vor. Bedenkt dabei aber leider nicht, dass (Bildungsnotstand und Massenarbeitslosigkeit sei Dank) der Durchschnitt im freien Fall befindlich ist. Der von ihr zitierte

33 bis 55 Jahre alte Mensch, der in der Dienstleistungsbranche tätig ist und dort 3.261 € brutto monatlich verdient… und Hauptschulabschluss hat

ist für die mir bekannten Vermieter schon eher der Ausnahmefall. In einigen Vierteln und Siedlungen Berlins ist Durchschnittsmieter

… der seit mehr als 5 Jahren arbeitslose Hauptschulabbrecher, Promille 1.8 an mindestens 12 Stunden täglich, Alter 18 – 48, politisch nicht interessiert und rechenschwach. Ach so: Leseschwäche war schon in der 4 Grundschulklasse vorhanden, woran sich später nichts geändert hat.

DAS ist doch dann eine echte Herausforderung für den bemühten Vermieter, der sich in solchen Fällen längliche Erläuterungen der Betriebskostenabrechnung sicher spart und statt dessen auf bunte freundliche Farben und große Schrift setzt.

Veröffentlichung: GE 2006, 265