Mietberufungskammer 63. des LG Berlin und das Verfassungsrecht

Der Verfassungsgerichtshof Berlin hat auf eine Beschwerde des Kollegen Gellwitzki ein Urteil der 63. Mietberufungskammer des LG Berlin aufgehoben, mit dem Beweisantritte zu hohen Temperaturen in einer Mietwohnung übergangen wurden. Wir Anwälte lieben solche Verfahren…

Mit dem Landgericht Berlin als Berufungsinstanz in Wohnraummietsachen hat wohl jeder in diesem Bereich tätige Anwalt schon seine kleinen und großen K(r)ämpfe gehabt. Erst recht mit der Zivilkammer 63. unter der Vorsitzenden Richterin Paschke, die für zupackenden Verhandlungsstil und schnelle Entscheidungen bekannt ist.

So hatte unsere Kanzlei bereits einen ähnlichen Fall durchstehen müssen, wo eine notwendige Beweiserhebung in der Berufungsinstanz schlicht und einfach unterblieb.

Dies wird mit Sicherheit nicht der letzte Fall dieser Art sein. Die letzte Tatsacheninstanz ist notorisch für solche (Vor)fälle.

Ich liebe dieses Rauschen im Blätterwald. Diverse Berliner Amtsgerichte haben mal wieder sehr unterschiedliche Ansichten zu einem nicht wesentlichen Thema. Während das AG Charlottenburg (GE 2006, 1619) meint, der Vermieter müsse die Lage der Wohnung im Klageantrag der Zustimmungsklage bezeichnen, begründet das AG Schöneberg in GE 2006, 1621 die andere Ansicht.

Wer hat Recht? Die bessere Begründung und wohl auch Recht hat das Amtsgericht Schöneberg. Die Verurteilung zur Zustimmung ist ein Gestaltungsurteil; gemäß § 894 ZPO findet eine Vollstreckung aus dem Urteil nicht statt.

Daher kommt es auf die Lage der Wohnung nur dann an, wenn

  • die Wohnung in der Klageschrift nirgends bezeichnet ist (auch nicht in der Klagebegründung) und
  • Verwechselungsgefahr besteht (weil der Mieter zwei oder mehr Wohnungen im selben Haus hat).

Wie sich aus der sorgfältigen Begründung des AG Schöneberg ergibt, hatte die in beiden Fällen klagende Deutsche Annington aber einen anderen Fehler gemacht. Es wurde im Klageantrag noch nicht einmal die Anschrift der Wohnung genannt.

Und DAS dürfte dann wirklich zu wenig sein. Denn es ist immerhin möglich, dass ein Mieter in Berlin oder im Bundesgebiet mehr als eine Wohnung hat, oder?

Während Bayern lange Zeit Spitze war im „Abmessern“ von Mietern (die erfolgreichen Kreuzzüge des Kollegen Luft aus Regensburg zum Bundesverfassungsgericht nach Karlsruhe sind mir in lebhafter Erinnerung) ist Berlin traditionell die Stadt, wo es Vermieter vor dem königlichen Amtsgericht schwer haben.

So auch der arme Berliner Vermieter, der es wagte, nach fristloser Kündigung einen Mietausfallschaden geltend zu machen und durch das Amtsgericht beschieden wurde, dann hätte er eben früher und vorher ordentlich kündigen müssen.

Solchen Unfug (wie etwa auch im Fall unserer Kanzlei eine bestrittene Eigenbedarfskündigung ohne Beweisaufnahme) macht der VerfGH Berlin nicht mit und hat (GE 2006, 1470) zur Begründung ausdrücklich den Ausdruck „objektiv willkürlich“ verwendet.

Nur zur Erinnerung: Der kühne Amtsrichter unterliegt bei juristischen Dingen keiner Dienstaufsicht, macht sich aber in Fällen der Rechtsbeugung und „objektiven Willkür“ möglicherweise persönlich schadensersatzpflichtig und strafbar.

Voraussichtlich zum Jahresende wird die Zivilkamer 64. des Landgerichts Berlin aufgelöst. Die Kammer war lange Jahre zuständig für Wohnraummiete (Berufungen) aus den West-Berliner Bezirken Neukölln und Spandau und damit auch recht gut ausgelastet. Dies hat sich aber offenbar mit der zunehmenden Verarmung beider Bezirke geändert, so dass der geringe Geschäftsanfall keine eigene Berufungskammer mehr rechtfertigt.

Weiterlesen