Anwälte sind Helden

Heute Morgen hängt diese Postkarte an meiner Zimmertür. Was für ein aufmerksames Büro, der Anwalt ist geschmeichelt (und kurzsichtig).

Karte "Rechtsanwälte"; Gestaltung: Sachverständigenbüro Otto

Karte „Rechtsanwälte“; Gestaltung: Sachverständigenbüro Otto

Erst nach einigen Sekunden fällt der klein gedruckte Text auf, der für ein Berliner Sachverständigenbüro für Grundstücks- und Mietpreisbewertung wirbt. Wer auf das Bild klickt, kann es auch lesen 🙂

Gelungen, muss ich sagen. Amüsant, zutreffend, die perfekte Werbedrucksache! Glückwunsch zu DER Agentur.

Milieuschutzgebiete in Berlin

In der Ausgabe 11/2011 des Berliner Mietermagazins findet sich eine differenzierte Darstellung der Probleme und und Besonderheiten von Milieuschutzgebieten – was können sie bewirken und wo muss das Instrument versagen. Gern wird der Begriff in der politischen Debatte und in Programmen verwendet, die Erfahrungen sind jedoch durchaus gemischt. Weiterlesen

Nebenjob oder Gesinnung?

Wenn der Tagesspiegel über Richter schreibt, wie in diesem Beitrag, dann ist das eher ungewöhnlich. Es ging um den immer wieder geäußerten Vorwurf, eine Vorsitzende Richterin einer Berliner Mietberufungskammer sei einseitig vermieterfreundlich und befangen. Ich konnte das im Interview mit dem Tagesspiegel (und werde korrekt zitiert) gegenüber der Journalistin nicht bestätigen. Halte aber die dort angefangene Diskussion für richtig und notwendig.

Frau Paschke ist seit Jahren Vorsitzende Richterin einer Mietberufungskammer beim LG Weiterlesen

Mietrechtsreform auf Eis

Wie das Mietermagazin des Berliner Mieterverein e.V. in seiner Dezemberausgabe meldet, wurde die Mietrechtsreform 2012 nach Anhörung von Experten im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages wieder auf Eis gelegt. Von der Tagesordnung des Bundestages Mitte November wurde das Thema abgesetzt. Und das ist gut so.

Warum? Die bekannten Neuerungen des aktuellen Referentenentwurfs bringen vor allem symbolische Politik und völlig überflüssige, komplizierte Einschnitte im formellen und materiellen Rechtsschutz:

  1. Die in der Praxis bei sachgerechter Vermietung völlig bedeutungslose Problematik der „Mietnomaden“ wird mit einer Vielzahl materiell- und verfahrensrechtlicher Regelungen angegangen, die schon wegen der Höhe der notwendigen Sicherheitsleistungen für die geplante Zielgruppe (hilflose Einzeleigentümer, die keinen Zugang zu den üblichen Bonitätsprüfungssystemen haben) letztlich unerschwinglich sein dürften.
  2. Energetische Modernisierungen werden in einer Weise zu Lasten der Mieter priviligiert, die der genaueren Prüfung (und der Rechtsprechung) vorbehalten bleiben sollte. Nicht jede Wärmedämmung, nicht jeder energetische Schnickschnack, nicht jede Fernwärmeheizung mit ihren die Straßen kostenlos eisfrei haltenden Trassen sollte ungeprüft und für alle Zeiten von Gesetzes wegen freie Vorfahrt zur Entmietung oder ungehemmten Mietpreissteigerung haben.
  3. Und in dem enorm praxisrelevanten Bereich der Betriebskosten tut sich ebenso wenig wie bei den Schönheitsreparaturen.

Fazit: Die Mietrechtsreform ist in der gegenwärtig geplanten Form ungefähr so entbehrlich wie die DIN-Normen des Beuth Verlages: Interessen- und lobbygesteuerte Anpassung von funktionierenden Normen an die gefühlte Wirklichkeit von Bauindustrie und Vermieterverbänden.

Ortstermin im Hansaviertel

Wer sich über Lärm (des Nachbarn im Neubau) beschwert, bekommt welchen. Der Sachverständige verwendet in der angeblich störenden Wohnung einen seltsamen Lautsprecher

und natürlich auch ein Messgerät:

Der klagende Mieter ist offensichtlich rechtschutzversichert. Die ursprünglich veranschlagte Kostengrenze wird deutlich überschritten. Das Gutachten wird zuletzt vermutlich mehr als 4.500 EUR kosten, was bei DEM Aufwand (nebst zwei Messassistenten und meiner Anwesenheit) wirklich nicht zuviel verlangt ist.

Aber wir sind im Hansaviertel. Einer der schönsten Neubausiedlungen Berlins. Und dort gibt es auch solche Briefkästen. Und wenn sich ein Vermieter wirklich Mühe gibt wie in diesem Fall, bleiben die auch erhalten.

Verwunschene Immobilien

Wie ein Geisterschloss wirkt dieses turmartige Gebäude an der Spree in Oberschöneweite. Auf dem rund 40.000 qm großen Gelände wurden zuletzt Mitropa Kaffeemaschinen hergestellt.

Schöneweide 02

Der Grundstücksverkauf (ich war zur Vorbereitung der Übergabe an ein großes Berliner Wohnungsunternehmen angereist) wurde unter anderem schwierig durch große Bootsrümpfe aus Stahl und eine Slipanlage, die sich auch auf dem Gelände befanden. Was (außer der vertraglichen Regelung der Räumungsverpflichtung) noch ganz andere Probleme aufwerfen kann: Eine Steganlage genießt Bestandsschutz und sollte daher erhalten bleiben, auch wenn auf dem Grundstück zukünftig statt Kaffemaschinen „Latte-Mamis“ zu Hause sind.

Prof. Lammel rächt Aprilscherz

Fehlte: Der Heizkostenverteiler

Manchmal kann sogar ich ein Schmunzeln nicht unterdrücken: Da bekam ich von der Vorsitzenden Richterin Regine Paschke und Ihrer Kammer im vergangenen Jahr pünktlich am ersten April ein Urteil um die Ohren gehauen1 dessen Leitsätze ein Mietrechtler eigentlich nur als Aprilscherz empfinden kann. Mehrere- nein schon fast alle Todsünden des wohnraummietrechtlichen Berufungsgerichts (falsches Heranziehen nicht einschlägiger BGH-Rechtsprechung, unvollständige Sachverhaltserfassung, verdeckte Billigkeitserwägungen, eigenwillige Rechtsanwendung contra legem, Nichtzulassen der Revision trotz offensichtlicher Abweichung von höchstrichterlicher Rechtsprechung) fanden sich in einem Urteil, das offensichtlich nur vom Ergebnis her gedacht war nämlich (um es mal im Stile Paschkes auf balinerisch zu sagen)

wat willste denn, hast doch Heizung und Warmwasser verbraucht.

Und das ist wirklich keine gediegene Juristerei, sondern die von mir immer so sehr Weiterlesen


  1. LG Berlin, Urteil vom 01.04.2011 -63 S 409/10- in GE 2011, 612 

Marcel und die Schrottimmobilien

Wie die TAZ in der heutigen Ausgabe meldet, wurde am Mittwoch der Notar und Anwaltskollege Marcel E. verhaftet, Wohnung, Kanzlei und zwei weitere Objekte durchsucht. Die Staatsanwaltschaft teilt dazu mit, dass in 17 oder 18 Fällen von „banden- und gewerbsmäigem Betrug“ ermittelt werde. Ein ausführlicherer Bericht findet sich in der Berliner Zeitung.

Mit dem Kollegen hatte ich in seiner neuen Rolle als Verbraucher- und Mieterschutzanwalt für einen aufstrebenden Spandauer Mieterverein häufiger zu tun. Ich musste nämlich immer die Betriebskostenabrechnungen einklagen, deren Daseinsberechtigung der Kollege dann mit seitenlangen Textbausteinen bestritt. Der Kollege war nach meiner Weiterlesen

Unterkunftspauschalen: Sorgfalt und Arbeit sparen

Unterkunftspauschalen für Empfänger von Hartz IV sind in der Fachdiskussion der ganz große Renner. Warum solche Pauschalen in jedem Fall zu erheblichen Mehrkosten und sozialen Verwerfungen führen, zeigt Kofer in einem Aufsatz1 plastisch auf.

Denkbar sind drei Modelle:

  1. Die Unterkunftskostenpauschalen werden so großzügig bemessen, dass nur wenige Härtefälle entstehen.
  2. Die Pauschalen werden an dem durchschnittlichen Leistungsniveau im Vergleich zu den (wie auch immer ermittelten) angemessenen Kosten orientiert.
  3. Die Pauschalen generell bis an die Schmerzgrenze der Leistungsempfänger und den untersten Bereich der örtlichen Wohnkosten senken.

Jedes dieser drei Modelle führt auf der Leistungsseite zu Mehrkosten gegenüber der jetzigen Regelung. Es sei denn, man senkt das Leistungsniveau insgesamt erheblich ab. So oder so käme es dann zu massiven Einzelfallungerechtigkeiten, für welche es nach Meinung des Autors keine ausreichenden Verwaltungsrichtlinien gibt. Eine neue Klageflut vor den Sozialgerichten wäre vorprogrammiert.

Auch hier zeigt sich: Wer sparen will, muss mehr Arbeit(skräfte in den JobCentern) und Gehirnschmalz in die Lösungen stecken. Sonst leiden Justiz und der soziale Frieden.


  1. WuM 2011, 71 

Bürgerbeteiligung 2012

Bürgerbeteiligung 2012: Ignorieren, abwiegeln, verprügeln. Eine neue Eskalation des schlechten Geschmacks (und der absoluten Interessenlosigkeit von Verwaltung gegenüber Bürger) tut sich bei dem im Kiezer Weblog berichteten Vorfall von einer Informationsveranstaltung des BA Charlottenburg auf:

Dem Bericht nach sammelt da der Geschäftsführer der vom Bezirksamt beauftragten „Mieterberatungsgesellschaft“ Argus Weiterlesen