In der Ausgabe 11/2011 des Berliner Mietermagazins findet sich eine differenzierte Darstellung der Probleme und und Besonderheiten von Milieuschutzgebieten – was können sie bewirken und wo muss das Instrument versagen. Gern wird der Begriff in der politischen Debatte und in Programmen verwendet, die Erfahrungen sind jedoch durchaus gemischt.In Berlin gibt es drei Bezirke, die zwischen 1995 und 2003 Milieuschutzsatzungen erlassen haben:
Berlins Milieuschutzgebiete in Zahlen (Quelle: MieterMagazin 11/2011) |
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Milieuschutzgebiet | seit | Einwohner | WE |
Bezirk | |||
Mitte | |||
Oranienburger Vorstadt | 2003 | 5700 | 4000 |
Friedrichshain Kreuzberg | |||
Graefestraße | 1995 | 14800 | 7800 |
Luisenstadt (SO 36) | 1995 | 44000 | 21000 |
Boxhagener Platz | 1999 | 11800 | 7700 |
Bergmannstraße Nord | 2003 | 11900 | 6800 |
Hornstraße | 2004 | 4200 | 2500 |
Chamissoplatz | 2005 | 7500 | 3700 |
Pankow | |||
Falkplatz | 1997 | 8500 | 5600 |
Teutoburger Platz | |||
Sud und Nord | 1997 | 1900 | 1250 |
Kollwitzplatz | 1997 | 2100 | 1550 |
Helmholtzplatz Ost | 1997 | 1000 | 700 |
Sötzowstraße | 1997 | 3700 | 2800 |
Winsstraße Nord | 1997 | 5100 | 3400 |
Arnimplatz | 1999 | 12800 | 8000 |
Pankow Zentrum | 2000 | 5500 | 2800 |
Humannpatz | 2000 | 11400 | 7300 |
Ostseestraße/Grellstraße | 2003 | 10000 | 6350 |
Summe | 161900 | 93250 |
Unbestritten ist, dass mit einer Milieuschutzsatzung Luxusmodernisierungen verhindert werden können.
Das im Baugesetzbuch geregelte Instrument der Milieuschutzsatzung bewirkt zunächst, dass Modernisierungen, die über den zeitgemäßen Ausstattungszustand und über den üblichen Standard hinausgehen, durch den Bezirk als untere Bauaufsichtsbehörde unterbunden werden können. Generell sind Modernisierungen im Gebiet einer Milieuschutzsatzung anzeigepflichtig. Die Modernisierung muss jedoch immer ohne Auflagen genehmigt werden, wenn damit der „zeitgemäße Ausstattungszustand einer durchschnittlichen Wohnung“ hergestellt wird. Da es abgesehen von Standardausstattungen wie Zentralheizung und Bad hierzu wenig empirisch erforschte Kriterien oder statistisch belastbare Aussagen gibt, prüfen die Berliner Bezirke dieses Merkmal anhand zum Teil absurd anmutender Kriterien. So wird – berichtet das Mietermagazin – in Friedrichshain-Kreuzberg bei der Genehmigung von Modernisierungsmaßnahmen darauf geachtet, dass keine besonderen Positivmerkmale im Sinne der Spanneneinordnung zum Berliner Mietspiegel geschaffen werden. Dies führt beispielsweise dazu, dass selbst kostenmäßig irrelevante Ausstattungsmerkmale wie Handtuchheizkörper oder „hängendes WC mit eingebautem Spülkasten“ nicht genehmigt werden, obwohl dies bauliche Merkmale sind, die erfahrungsgemäß nur zu ganz geringfügigen Mieterhöhungen führen. Andererseits ist die Milieuschutzsatzung kein Allheilmittel gegen Mietsteigerungen, weil insbesondere die oft sehr kostenträchtigen und mietpreistreibenden energetischen Bestandsverbesserungen nicht untersagt werden können; sie schaffen ja nur den zum Zeitpunkt der Modernisierungsmaßnahme durch die Energieeinsparungsverordnung vorgegebenen Standard und müssen daher – obwohl in der Praxis oft mit empfindlichen Modernisierungsmieterhöhungen verbunden – genehmigt werden.
Andererseits ist die früher praktizierte Verhängung von Mietobergrenzen im Gebiet einer Milieuschutzsatzung nach einer Entscheidung des OVG Berlin aus dem Jahr 2004 nicht zulässig. In Milieuschutzgebieten kann zwar die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen für fünf Jahre untersagt werden. Dies setzt jedoch eine entsprechende Verordnung des Senats voraus, die zuletzt im Mai 2011 abgelehnt und nicht erlassen wurde.
Ob die Milieuschutzsatzung ein brauchbares Instrument zur Verhinderung von Luxusmodernisierung und Vertreibung einkommensschwacher Mieterhaushalte ist? Allein sicherlich nicht.