Gentrifizierung in Namen

Jedes Ding braucht seinen Namen und der Vorname des massenhaften Zuzugs von konservativ-bürgerlichen jungen Paaren nach Mitte hört sich an wie

Viktor Paul Theodor Graf von

weil ein Vorname bekanntlich nicht reicht. Es braucht deren mindestens zwei, besser sogar (wie im Beispiel des ersten Eintrags in diesem Taufbuch) drei.

Und das liest sich seltsam, wie Andrej Holm in seinem Blog richtig feststellt:

Die Taufliste der Evangelischen Gemeinde am Weinbergsweg (an der Schnittstelle von Mitte und Prenzlauer Berg) liest sich wie eine Mischung aus FDP-Wahlliste für das Europaparlament und dem Verzeichnis der höheren Beamten des Diplomatischen Dienstes.  Der Wortsinn der Gentrification – der ja auf die Wiederkehr des niederen Landadels (der Gentry) in den Städten anspielt – bekommt hier jedenfalls einen unerwarteten Realitätsgehalt.

Aus Ronny wurde Viktor Bla Bla Graf von und aus einem normalen Innenstadtbezirk ein Aufmarschgebiet für den Landadel und dessen Nachahmer. Schade eigentlich. Stadtentwicklung könnte ja auch Vielfalt fördern. Aber dies ist vermutlich die letzte Phase einer Entwicklung, die mit der zunehmenden Bekanntheit der Szene vom Prenzlauer Berg begann. Für mich ist der Bezirk in punkto Lebendigkeit und Vielfalt gestorben, seit einer von uns vertretenen Punkerin aus dem Stand 15.000 EUR Abfindung für ihre relativ schäbig gelegene 1 1/2 Zimmer Altbau-Mietwohnung geboten wurden. Welche Verwertungsketten das in Gang setzt und welche Viktors am Ende einer solchen Entwicklung stehen, kann ich mir leicht vorstellen.

Milieuschutzgebiete in Berlin

In der Ausgabe 11/2011 des Berliner Mietermagazins findet sich eine differenzierte Darstellung der Probleme und und Besonderheiten von Milieuschutzgebieten – was können sie bewirken und wo muss das Instrument versagen. Gern wird der Begriff in der politischen Debatte und in Programmen verwendet, die Erfahrungen sind jedoch durchaus gemischt. Weiterlesen