Milieuschutzgebiete in Berlin

In der Ausgabe 11/2011 des Berliner Mietermagazins findet sich eine differenzierte Darstellung der Probleme und und Besonderheiten von Milieuschutzgebieten – was können sie bewirken und wo muss das Instrument versagen. Gern wird der Begriff in der politischen Debatte und in Programmen verwendet, die Erfahrungen sind jedoch durchaus gemischt. Weiterlesen

Unterkunftspauschalen: Sorgfalt und Arbeit sparen

Unterkunftspauschalen für Empfänger von Hartz IV sind in der Fachdiskussion der ganz große Renner. Warum solche Pauschalen in jedem Fall zu erheblichen Mehrkosten und sozialen Verwerfungen führen, zeigt Kofer in einem Aufsatz1 plastisch auf.

Denkbar sind drei Modelle:

  1. Die Unterkunftskostenpauschalen werden so großzügig bemessen, dass nur wenige Härtefälle entstehen.
  2. Die Pauschalen werden an dem durchschnittlichen Leistungsniveau im Vergleich zu den (wie auch immer ermittelten) angemessenen Kosten orientiert.
  3. Die Pauschalen generell bis an die Schmerzgrenze der Leistungsempfänger und den untersten Bereich der örtlichen Wohnkosten senken.

Jedes dieser drei Modelle führt auf der Leistungsseite zu Mehrkosten gegenüber der jetzigen Regelung. Es sei denn, man senkt das Leistungsniveau insgesamt erheblich ab. So oder so käme es dann zu massiven Einzelfallungerechtigkeiten, für welche es nach Meinung des Autors keine ausreichenden Verwaltungsrichtlinien gibt. Eine neue Klageflut vor den Sozialgerichten wäre vorprogrammiert.

Auch hier zeigt sich: Wer sparen will, muss mehr Arbeit(skräfte in den JobCentern) und Gehirnschmalz in die Lösungen stecken. Sonst leiden Justiz und der soziale Frieden.


  1. WuM 2011, 71 

Berlin ist Spitze bei den Wasserpreisen

Wasser ist teuer in Berlin – das ist bekannt. Aber so sehr? Im Grundeigentum (GE 2007, 316) wird eine private Tarifsammlung der deutschen Wasserversorger des BBU vorgestellt. Berlins Wasserpreis von aktuell 5,09 €/m³ brutto ist der höchste aller deutschen Großstädte. Ein Schelm, wer da ein solides Versorgerkartell vermutet, dass sich regelmäßig auf einem der Golfplätze im Berliner Umland zum „Preisabsprechen“ verabredet.

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Erstaunliche Ergebnisse zeigt eine Umfrage des Deutschen Mieterbundes zum „gerechten“ Abrechnungsmaßstab für Betriebskosten: Immerhin 20 % der Mieter plädieren für die Abrechnung beispielsweise von Müll und Wasserkosten nach Personentagen.

Sehr problematisch ist das. Kostenverteilung nach Personenzahl halte ich für Unfug:

  1. Nicht Personen, sondern Lebensgewohnheiten bestimmen Wasser- und Müllverbrauch.
  2. Babies machen (mit ihren Windeln) zum Beispiel 5 mal mehr Müll als Erwachsene
  3. Personen zählen artet (gerade bei größeren Wohnanlagen) schnell aus. Und wer will schon gern den Vermieter alle 6 Monate zur „Personenanzahlkontrolle“ im Hause haben?
  4. Abrechnungsfehler sind programmiert: Wechselnde Personenzahlen, Familienzuwachs wenige Tage nach Beginn der Abrechnungsperiode, was ist der Stichtag?
  5. Und was ist mit dem unehrlichen Mieter (soll es ja auch geben) – die Oma mit ihren drei Untermietern verrät nichts von ihrem Dauerbesuch.

Aus gutem Grund gilt jedenfalls im LG-Bezirk Berlin Personenzahl grundsätzlich als ungeeigneter Abrechnungsmaßstab.

Richterin Paschke und der Durchschnittsmieter

Die (Vorsitzende-) Richterin am Landgericht Berlin Paschke schreibt im Grundeigentum (GE 2006, 265) über den durchschnittlich gebildeten Mieter oder auch Durchschnittsmieter. Die Autorin ist (das weiß ich aus mehreren unabhängigen Quellen) im Richterkollegium wie auch bei Anwälten und Prozessparteien für Zweierlei gefürchtet: Präzise Aktenkenntnis auch der entlegenenen Details sowie eine echt Berliner Kodderschnauze. Letzteres meint die manchmal grob wirkende, immer aber herzliche und direkte Ansprache, welche nicht nur die legendären Berliner Taxifahrer kultivieren.

Ein echter Gewinn, dass die Kollegin jetzt auch weniger juristisch schreibt, und zwar im Grundeigentum, unter der Rubrik .. Paschkes unjuristische Betrachtungen gleich auf der ersten werbefreien Seite. Es geht über den Durchschnittsmieter, eine juristische Fiktion, die ich noch aus den Zeiten kenne, als Mieterhöhungen im sozialen Wohnungsbau gaaanz schwierig waren.

Das ist ebenso lesenswert wie die Kolumnen des Herausgebers Dieter Blümmel. Oder manchmal die Bemerkungen des Kollegen von Seldeneck aka RA Schandmaul im ansonsten eher entbehrlichen Info(letter) M.

Durchschnittlich muss er nämlich immer sein, der Mieter, welcher eine Betriebskostenabrechnung bekommt und bezahlen soll. Durchschnittlichkeit ist Voraussetzung der Fälligkeit und damit für den Vermieter Maßstab aller Dinge. Und das trägt Frau Paschke sehr schön vor. Bedenkt dabei aber leider nicht, dass (Bildungsnotstand und Massenarbeitslosigkeit sei Dank) der Durchschnitt im freien Fall befindlich ist. Der von ihr zitierte

33 bis 55 Jahre alte Mensch, der in der Dienstleistungsbranche tätig ist und dort 3.261 € brutto monatlich verdient… und Hauptschulabschluss hat

ist für die mir bekannten Vermieter schon eher der Ausnahmefall. In einigen Vierteln und Siedlungen Berlins ist Durchschnittsmieter

… der seit mehr als 5 Jahren arbeitslose Hauptschulabbrecher, Promille 1.8 an mindestens 12 Stunden täglich, Alter 18 – 48, politisch nicht interessiert und rechenschwach. Ach so: Leseschwäche war schon in der 4 Grundschulklasse vorhanden, woran sich später nichts geändert hat.

DAS ist doch dann eine echte Herausforderung für den bemühten Vermieter, der sich in solchen Fällen längliche Erläuterungen der Betriebskostenabrechnung sicher spart und statt dessen auf bunte freundliche Farben und große Schrift setzt.

Veröffentlichung: GE 2006, 265

Der in Berlin nicht unbekannte Mietrechtsanwalt Gellwitzki legt in einem Aufsatz in WuM 2006, 126 ausführlich dar, warum der Mieter mit beispielsweise einem kaputten Wasserhahn ein Zuräckbehaltungsrecht am Mietzins (wir erinnern uns: bis zum fünffachen Minderungsbetrag gibt es zusätzlich) nicht nur gegenüber dem aktuellen-, sondern auch gegenüber dem nach Eigentümerwechsel früheren Vermieter haben soll.

Ausgangsfall war ein in unserer Kanzlei für den Vermieter vertretener Fall, wo ein Wasserfleck und dessen Ursache weder durch den alten Vermieter, noch durch den späteren Erwerber des Grundstücks beseitigt wurden. Die Mieterin behielt wesentliche Teile des Mietzinses zurück und verteidigte sich gegenüber der Zahlungsklage des alten Vermieters mit diesem mir etwas formaljuristisch erscheinenden Argument.

Bei allem Respekt: überzeugt hat mich der Kollege Gellwitzki weder damals im Prozess, noch jetzt mit seinem Aufsatz. Sippenhaft für Vermieter ist in meinem mietrechtlichen Weltbild noch nicht erfunden. Wer das Grundstück verkauft und übereignet, ist eben gegenüber dem (ehemaligen) Vertragspartner nicht mehr zur Instandsetzung verpflichtet. Es handelt sich quasi um ein Abwicklungsverhältnis, in dem für ein Zurückbehaltungsrecht als Druckmittel kein Platz mehr ist.

Die freundlicherweise durch die Zivilkammer 63. des LG Berlin zugelassene Revision wird Ende Juni beim BGH verhandelt. Wir werden sehen…

Eisenschmidt: Energieeinsparung und Modernisierung (WuM 2006, 119)

Sozusagen als Erwiderung auf die Entscheidung des LG Berlin in GE 2005, 1193 stellt der Autor dar, warum der Begriff der „Energieeinsparung“ in § 554 BGB nicht auf die Einsparung von Primärenergie (beispielsweise Windkraft statt Strom), sondern auf die Energieeinsparung in der Wohnung (beispielsweise effizienterer Warmwasserboiler, verbrauchsgünstiger Heizölbrenner in der Zentralheizung) abstellt. Es ist nämlich nicht so, dass jede „volkswirtschaftlich sinnvolle“ Energieeinsparung (oder die Verminderung des CO2-Ausstoßes) automatisch zu einer Modernisierung führt. Vielmehr muss der Mieter in seinem Haushalt eine Energieeinsparung haben.

Fazit: Lesenswert, nachdenkenswert! +++++