Kevin Kühnert, die SPD und die Wohnungen in Berlin

Kevin Kühnert, 32 Jahre jung und Generalsekretär der SPD, sucht eine Wohnung. Das wäre nicht weiter schlimm, aber er setzt damit den Blätterwald Deutschlands in Bewegung, und tremoliert, er würde seit einem Jahr erfolglos eine Wohnung suchen. Kein Angebot, nur möblierte Wohnungen, ausgehebelt… blabla. Kevin Kühnert ist mein Nachbar, wohnt im selben Quartier wie ich. Er sucht offenbar in der näheren Umgebung. Und wie bei vielen PolitikerInnen außerhalb ihrer Kernkompetenzen ist seine kleine Pressekampagne mehr Einbildung als Wirklichkeit. Daher ein paar unerbetene Ratschläge und Hinweise ohne Anspruch auf Vollständigkeit vom ImmoAdvo:

Screenshot Google-Suche vom 06.05.2022, az

Suche richtig, und nicht unter Deinem Einkommen!

Kevin Kühnert verdient als Bundestagsabgeordneter rund 180.000 € brutto jährlich, davon sind ca. 1/3 steuerfreie Aufwandsentschädigung, gedacht unter anderem für die „Berliner Wohnung“. Dies hat sein Amtsvorgänger Lars Klingbeil sehr anschaulich dargestellt. Sozialarbeiter, Mietervereine und auch Hausverwaltungen und deren Anwälte gehen davon aus, dass eine Mietbelastung von maximal 30 % des verfügbaren Haushaltsnettoeinkommens im Regelfall tragbar ist. Das ist auch als Faustregel die Grenze für eine finanzielle Härte bei der Prüfung einer modernisierungsbedingten Mieterhöhung. Für kleinere Haushaltseinkommen (wozu dieses- mit Sicherheit nicht zählt) verschieben sich diese Grenzen brutal nach oben. Aber in solchen Fällen greifen andere Regeln und in vielen Fällen „Subjektförderung“, also individuelle staatliche Hilfen, die eine bedarfsorientierte Logik haben.

Vor weniger als 2 Monaten habe ich selbst die Suchmaschinen angeworfen. Umkreis etwa 4 km von meinem/Kevins Kiez. Da ich wie Kevin Kühnert keine finanziellen Sorgen habe, suchte ich für 2 Personen rund < 100 m² und Miete nach oben offen. Bingo! Ich hatte etwa 30 Treffer in unmittelbarer Umgebung. In den Alboingärten vermietet ein großer deutscher Vermieter komfortable Neubauwohnungen in verschiedenen Größen für ca. 18 bis 20 €/m² – vielleicht nicht die Top-Lage, aber sofort zu haben, hell, neu und in Schöneberg. In der Martin Luther Straße die typische „abgerockte“ Altbau-Großwohnung im 4 OG mit Blick auf den Park – zu haben! In der Leberstraße zwei Straßen weiter diverse DG-Ausbauten von 80 – 120 m² – alle diese Wohnungen sofort verfügbar und unter 2.500,00 € monatlich warm.

Das Problem von Kevin Kühnert scheint mir zu sein, dass er eine schöne Wohnung für ein Studenteneinkommen sucht. Und daher konkurriert er mit denen, die auf solche Wohnungen eigentlich angewiesen sind. Das ist nicht nur unsozial, sondern richtig selfish. Außerdem würde er sogar eine vermutlich preiswertere Wohnung in unserer Nachbarschaft frei machen, wenn er sich eine seinem Einkommen entsprechende Wohnung anmietet. In jedem Fall hat er keinen Grund zur Klage.

Die SPD ist schuld – na ja, teilweise

Die SPD hat den Berliner Wohnungsmarkt in den letzten 20 Jahren richtig aufgemischt. Nicht allein, aber auch:

Ex-Bürgermeister Klaus Wowereit propagierte „arm, aber sexy“ und sorgte mit einer gezielten „laissez faire“ Politik dafür, dass Berlin zur Welthauptstadt der von Billigfliegern mit jungen Touristen versorgten AirBnB-Wohnungen wurde. Also Wohnungen, die zweckentfremdet wurden als Hostels für „Billigtouristen“. Zweckentfremdung wurde zuerst nicht, seit der Wiedereinführung des Zweckentfremdungsrechts Mitte der 2000er Jahre nur halbherzig verfolgt. In Wohnungen untergebrachte Beherbergungsbetriebe durften auch ohne besonderen Brandschutz oder andere, für Hotels übliche staatliche Auflagen funktionierende Wohnungen dem Markt entziehen. Die Verbände der dadurch mit Konkurrenz im Niedrigpreissegment beeinträchtigten Hotellerie liefen damals erfolglos Sturm. Noch heute stöhnen engagierte Bezirksbeamte und -politikerInnen darüber, dass jeder Vorstoß gegen organisierte Wohnraumvernichtung durch „AirBnB“ und ähnliche Geschäftsmodelle auf Senatsebene verwässert oder abgeblockt wird. Mit dem Ergebnis, dass wir nach Schätzungen (genaue Zahlen gibt es nicht) 20.000 bis 80.000 zweckentfremdete Wohnungen haben, die dem Wohnungsmarkt fehlen.

Die Berliner SPD hat mit dem absurden „Mietendeckel“ den Mietspiegel zerstört. Und Mietspiegel sind (weil mehr als 90 % der Bestandsmieten mit ihrer Hilfe erhöht werden oder auch nicht) das wichtigste Instrument zur Deckelung der Bestandsmieten.

Die Bundes-SPD hat mit der Mietpreisbremse (das sind die im BGB verankerten Regelungen über die Begrenzung des Mietanstiegs bei Neuvermietungen) eigentlich alles richtig gemacht: Klare gesetzliche Regelung, verfassungsgemäß und flexibel durch Länder und Kommunen befristet anwendbar bei übergroßer Nachfrage nach Wohnraum. Aber die Regelung bevorzugt Neubauwohnungen (für die gilt die Mietpreisbremse nicht). Und Neubauwohnungen will der Generalsekretär der SPD offenbar nicht mieten, die sind ihm (Neubau kostet momentan so viel wie nie zuvor in Deutschland) zu teuer. Und es wurde „vergessen“, das Schlupfloch der möblierten Wohnungen zu schließen. Auch bei der Gesetzesnovelle. Dabei ist dieses Problem meinen KollegInnen und mir seit Jahren bekannt. Nur nicht der SPD? Hausaufgaben nicht gemacht, setzen!

Denke global!

In unserer Nachbarschaft gibt es sehr viele neue Familien und Single-Haushalte, die u.a. aus spanisch oder englisch sprechenden Ländern kommen. Die kamen nach der Finanzkrise 2008 auf der Suche nach Arbeit und Wohnraum nach Berlin. Denn da kosten die Wohnungen damals wie heute einen Bruchteil von dem, was in Madrid, Paris oder New York zu zahlen ist. Man nennt das Standortvorteil – Berliner Wohnungen sind zu billig! Das ist ja nicht falsch, aber wer zahlt das – immer nur die Vermieter mit gesetzlich verordnetem Renditedeckel? Wer in Berlin durch vergleichsweise preiswerten Wohnraum einen Nachfrageüberhang generiert, muss über die Folgen nicht weinen. Sondern sollte überlegen, ob zusätzliche Gesetze zur Deckelung von Bestandsmieten das richtige Instrument sind. Sind sie nicht, wenn dadurch zusätzlicher Druck auf den Markt ausgelöst wird. Genau das ist das Problem mit staatlichen Eingriffen zur Preisregulierung für lebensnotwendige Güter wie Wohnraum, wenn es keine Bedürfnisprüfung gibt. Denn eine Bedürfnisprüfung für eine besonders preiswerte Wohnung würde jedenfalls Kevin Kühnert nicht bestehen.

Denke antizyklisch!

In unserer Nachbarschaft gibt es ziemlich viele „Baby-Boomer“, Menschen, die wie ich selbst zwischen 55 und 70 Jahre alt sind. Die Geburtenrate ist stark rückläufig. Dies und der demographische Wandel werden dafür sorgen, dass unser Quartier in 5 bis 15 Jahren einen erheblichen Teil der Bewohner verliert. Dann gibt es auch hier wieder Wohnungen für Kevin. Dazu brauchen wir keine Kristallkugel. Ob es da richtig ist, mit massiver Verdichtung im Innenstadtbereich von Berlin Wohnungsneubau um jeden Preis zu wollen (den momentan ohnehin niemand bezahlen kann/will – auch Kevin Kühnert nicht)? Wohl kaum. Die heute gebauten Wohnungen sind – ich schweife ab – der Leerstand des Jahres 2035. Aber so langfristig denken Politiker wohl nicht.

You can’t beat the market!

Dieser Leitsatz „du kannst den Markt nicht schlagen“ gilt nicht nur für Börsenspekulanten, sondern vor allem auch für ein so wichtiges Gut wie Wohnraum. Wer künstlich die Preise drückt mit der absurden Deckelung von Bestandsmieten (Stichwort: „Mietendeckel“), verzerrt nur das Marktgeschehen, ohne dass dies irgend jemandem nützt. Berlin hat (auch das wohl eine Folge der vergleichsweise niedrigen Mieten), jahrzehntelang die niedrigsten Gehälter gehabt im Vergleich zu anderen europäischen oder deutschen Großstädten. Die Berliner Verwaltung zahlt Lehrern weniger als Brandenburg oder irgend jemand. Selbst Berlin hat mittlerweile gemerkt, dass diese Nummer des „arm, aber sexy“ auf Dauer nicht funktioniert. Frage mal jemand aus Köln, Düsseldorf oder München nach dem Verhältnis von Einkommen zu Warmmietbelastung.

Marktregulierung funktioniert nur in Kombination mit Zwangswirtschaft, konkret hier mit Wohnraumbewirtschatung. Wie in der ehemaligen DDR braucht es dafür eine staatliche Kontrolle der Wohnungsbelegung, Wohnraumzuweisung, Bedürfnisprüfung – das volle Programm. Das kann selbst ein ehemaliger JUSO Bundesvorsitzender nicht wollen. Und wenn doch, sollte er es offen sagen und dafür einstehen. Die Bedürfnisprüfung würde er aber auch hier nicht bestehen. Auch dieses maximal sozialistische System würde also Kevin Kühnert nicht seine 3-Zimmer Altbauwohnung für weniger als 1.200,00 € warm monatlich verschaffen. Also geh zurück zu Ratschlag # 1 und hör auf, öffentlich zu heulen.

Jetzt kommt bestimmt „Mietendeckel reloaded“

Heute Morgen im Auto auf der Rückfahrt von einem Räumungstermin per Telefon die Nachricht: Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat den Mietendeckel für verfassungswidrig erklärt. Was zu hoffen war angesichts der wirklich eindeutigen Rechtslage. Jedoch waren im aktuellen Zeitgeist „Mieten muss umsonst sein und Vermieter gehören enteignet“ Überraschungen möglich.
Und nun dies! Ich habe für heute Abend erstmal eine Flasche Sekt kaltgestellt und danach überlegt:

  1. Das ursprünglich wohl als „Wahlkampfmanöver“ gedachte „Projekt Mietendeckel“ der in meinen Augen völlig verkommenen und verantwortungslosen Berliner SPD gefolgt von wenig orientierten Koalitionspartnern „R2G“ funktioniert weiterhin. Für die SPD mit ihrer verzweifelten „wir müssen uns profilieren“ Mentalität kommt nach dem gescheiterten Hoffnungslauf die Dolchstoßlegende:
    „Die bösen Vermieterverbände und das böse, böse Verfassungsgericht haben uns Knüppel zwischen die Bein geworfen, aber wir haben ja unser Bestes versucht.“
    Macht sich gut im Wahlkampf, denn im November 2021 ist in Berlin Superwahljahr.
  2. Die städtischen Wohnungsbaugesellschaften tun mir leid. Natürlich sind die per „Dekret“ mit deutlichen und deutlich autoritären Briefen aus der Senatskanzlei (lag mir vor – liest sich nicht schön) dazu verdonnert worden, den „Mietendeckel“ zu beachten und die ohnehin moderaten Mieten nötigenfalls sogar abzusenken. Was kümmern einen gelernten Buchdrucker aus der Gewerkschaftsecke (gemeint ist der noch Regierende Bürgermeister) die Verluste der landeseigenen Gesellschaften allein aus dieser Aktion? Dabei wären gerade die landeseigenen Wohnungsgesellschaften gut aufgestellt, mit ihrer durchweg verantwortungsvollen Mietpreispolitik und ihrem relativ hohen Marktanteil dafür zu sorgen, dass die „Deutsche Wohnen“ nicht enteignet werden und der normale Wohnungsmieter sich nicht den Haien zum Fraß vorwerfen muss. Unmöglich mit einem Senat, in dem die verantwortungsvolle Wohnungswirtschaft (ja es gibt sie, ich nenne keine Namen) nur als vermeintlich kostenloser Selbstbedienungsladen für korrumpierte PolitikerInnen aus der Mauerstadt und deren Wahlkampfmanöver herhalten muss.
  3. Es wird nicht das letzte Manöver dieser Art sein. Da sich die meisten PolitikerInnen nicht nur in Berlin einen Dreck darum kümmern, dass es schon in 5 bis 10 Jahren keine Wohnungsnot mehr geben wird (da braucht man nur die Statistiken und Zahlen zu lesen – der demographische Wandel kommt!) graut es mir schon jetzt vor einer möglichen Bundesregierung mit SPD-Beteiligung oder gar einer allerdings unwahrscheinlichen „R2X“ Regierung ab November.
  4. Ich bin zwar nicht Kassandra, habe aber schon im frühen Stadium des „Mietendeckels“ meinen Klienten einen einfachen und im Nachhinein „goldwerten“ Rat gegeben:
    Abwarten, ob der Mietendeckel Bestand hat. Erst dann agieren!
  5. Verdient haben am Mietendeckel die üblichen Verdächtigen: Seminarveranstalter, Rechtsdienstleister und Anwaltskollegen, die ihren Klienten (allerdings in vielen Fällen aus politischem Druck heraus) aufwändige und teure Arrangements, Formulare, Mietverzichte, Vertragsänderungen und ähnliche Dinge gestrickt haben. Zum Stundensatz von 200,00 Euro aufwärts.
    Und verdient haben die (oft, aber nicht immer-) schwäbischen Bürgerkinder, die in den letzten Monaten mit Hilfe der „üblichen Verdächtigen“ ihre Mieten reduziert haben. Und jetzt nachzahlen müssen. Viel Spaß – hoffentlich sind die auch zahlungsfähig für Rückforderungsansprüche!
  6. Und übrigens: Rückforderung zu Unrecht abgesenkter Mieten ist in vielen Fällen möglich! Viele KollegInnen und auch ich bearbeiten solche Sachen als Inkassomandat und es wird empfohlen, hier schnell zu handeln. Bevor die nächste Welle der Enteignungsversuche aufschlägt – siehe Ziffer 3!

Aber jetzt erstmal: Prost!

@immoadvo #lasttweet

Unter dem Pseudonym @immoadvo habe ich etwa 10 Jahre lang (nicht oft, aber immer wieder gern) Nachrichten über Twitter abgesetzt – Hinweise auf aktuelle Einträge in meinen Blogs, Gedanken und Fakten zu aktuellen Themen im Bereich von Miete und Wohnen. Und dann kam der unsägliche, der Realtiy-TV Präsident der USA. Und es kam eine von diesen Influencerinnen aus dem Hause Kardashian – „my ass will blow the internet“.

Was als Informationsmedium – sozusagen als Pressespiegel begann, wo ich mich schnell informieren und Informationen aus vielen unterschiedlichen Quellen aggregieren konnte – es verkam zum Meinungsmedium, zur Plattform für selbsterenannte Auskenner, Trolle, Reality-TV Operettenkasper und für Hater aller Art. Möchtegern-Models, Frauen von Fußballspielern und natürlich Johnny Kaschulke aus der Eckkneipe – alle wollen sie etwas loswerden, Glaubenssätze, Ansichten und oft einfach nur Hass. Und füttern damit eine Firma, deren größte Umsatzbringer genau solche Suppenkasper sind wie die eingangs genannten. Es wurde zunehmend schwer erträglich. Zumal das Medium (ursprünglich noch mit 180 Zeichen) sich nicht für differenzierte Analyse eignet, wohl aber für One-Liner und Krawall aller Art.

Und dann war da noch der berühmte „Rotwein-Tweet“ des Robert Habeck, der am späten Abend Mist twitterte, nur um am nächsten Morgen zu merken, dass dies Mist war. Und sich (das muss man ihm wirklich hoch anrechnen) sofort von Twitter verabschiedete.

Denn es gibt keine andere Konsequenz als diese – es ist niemandem verwehrt, durch Talkshows zu tingeln, Fotos vom eigenen Hintern ins Internet zu stellen oder in jeder Form herumzutrollen. Aber wer da mitmacht, füttert das Biest. Ich nicht mehr und erst recht nicht beruflich. Sorry, aber bleiben Sie dran – es geht auch ohne Twitter!

Survival-Weihnachtsgrüße

Das Corona-Jahr 2020 geht dem Ende zu. Mietendeckel, „Legal Techs“, Mietpreisbremse, eine ziemlich durchgeknallte Initiative der Grünen zum Gewerbemietrecht (Kündigungsschutz wie für Wohnraum, aber für kleinere Gewerbebetriebe – wer braucht das bitte?) und vielfältige andere Beispiele des von einem merkwürdigen US-Präsidenten vorgelebten populistischen Aktionismus machen der Immobilienbranche und deren Anwälten das Leben schwer und sorgen für einen steten Fluss von gesetzgeberischen Aktionen. Das Mietrecht ist sozusagen in der populistischen Mitte der Öffentlichkeit angekommen und wir können nur hoffen, dass sich dieser Trend nicht die nächsten 10 Jahre fortsetzt.

Weihnachtsgrüße – Corona Edition

Aber: Hier sind alle gesund geblieben (Holz-Klopf), nur „richtige“ Besprechungen gibt es praktisch keine mehr. Meine Klienten haben gut gewirtschaftet und mit mir zusammen das Tagesgeschäft „gestemmt“ mit „Home-Office“ und kurzen Wegen über die Datenleitungen. Es gab relativ wenig Ärger im Großen, nur einige vom Lockdown gelangweilte Wohnraummieter haben versucht, am Rad zu drehen. Die Gerichte haben (trotz der erheblichen Ansteckungsrisiken in öffentlich genutzten Gebäuden) einen super Job gemacht. Die anfänglich längeren Verfahrensstände wurden von den Kolleginnen und Kollegen sehr konzentriert und zügig abgearbeitet, so dass wir mittlerweile fast wieder im „Normalbetrieb“ sind, was gerichtliche Verfahren angeht. Diese Situation erinnerte mich teilweise an die Berichte meines alten Ausbilders, der noch die Nachkriegszeit in Berlin als Anwalt erlebt hat: Ein einzelner Rechtsanwalt hatte damals 1500 bis 2500 Verfahren pro Jahr, die Schriftsätze waren selten länger als drei Seiten und alle mussten versuchen, ihre Arbeit zu schaffen.

Es hat Spaß gemacht, mit Euch/Ihnen zu arbeiten. Bleibt gesund und kommt gut in das nächste Jahr!

Räumung mit Kot und Waffen

Eine der vermutlich letzten Räumungen der nächsten Monate musste ein Brandenburger Mandant gestern mit der erfreulich schnellen Gerichtsvollzieherin des dortigen Vollstreckungsbezirks absolvieren. Man erlebt ja so einige Schweinereien in geräumten Wohnungen, aber diese Toilette:

Toilette mit Inhalt im Räumungstermin

Es gibt noch genauere Aufnahmen dieser Verwüstung. Aber die möchte ich nicht zeigen. Es ist zu unappetitlich.

Oder Waffen – (echt oder nicht, ist hier die Frage)?

Fundstücke im Räumungstermin (Brandenburg)

Flaschen und „Hausrat“ – viele Flaschen!

Flaschenlager im Räumungstermin einer Wohnung in Brandenburg

Manchen Mietern wünscht man nur, sie hätten eine andere Wohnung gemietet und/oder ihr Leben besser im Griff.

Informationspflicht zum Mietendeckel Berlin 6 Monate aufgeschoben

Der Senat von Berlin hat auf einer seiner letzten Sitzungen beschlossen, Ordnungswidrigkeitenverfahren aus dem Gesetz über den Berliner „Mietendeckel“ wegen fehlender Information der Mieter gemäß § 6 Abs. 4 Satz 1 des Gesetzes nicht sofort nach Ablauf der dort geregelten Frist von 2 Monaten nach Inkrafttreten des Gesetzes, sondern erst nach insgesamt 8 Monaten zu verfolgen:

https://www.berlin.de/special/immobilien-und-wohnen/nachrichten/6119541-2340281-mietendeckel-keine-sanktionen-bei-versto.html

Diese Entscheidung des Senats führt im Ergebnis jedenfalls dazu, dass die ohnehin absurd kurz bemessene Frist zur Information der Mieter von zwei Monaten auf insgesamt 8 Monate bis Mitte August 2020 verlängert ist. Vorher will der Senat jedenfalls keine Bußgeldverfahren einleiten.

Hotelneubau in Zypern, Frühjahr 2019

Immerhin, möchte man sagen. Nicht nur ist das „Gesetz zur Neuregelung gesetzlicher Vorschriften zu Mietenbegrenzung“ vom 11.02.2020 nach meiner Meinung und der des LG Berlin klar verfassungswidrig, weil sich das Land Berlin damit faktisch Gesetzgebungskompetenzen des Bundes anmaßt. Und die Durchsetzung von verfassungswidrigen Gesetzen über Bußgeldandrohung ist vermutlich ebenso rechtswidrig und angreifbar wie das Gesetz selbst.

Sondern den Bezirksämtern, die ja für den Senat einmal mehr die Drecksarbeit machen und die vermeintlichen Ordnungswidrigkeiten verfolgen sollen, stehen im Moment schon wegen der Coronoa-Krise keinerlei Mitarbeiter für solche Aufgaben zur Verfügung.

Corona für Vermieter und Mieter

Durch die als Corona bekannte Pandemie, welche sich momentan rasend schnell in Mitteleuropa verbreitet, kommt es zu teilweise dramatischen Veränderungen auch für Wohnraum- und Gewerbemietverhältnisse. Ich will hier kurz darstellen, worauf sich insbesondere Vermieter in den nächsten Monaten einstellen müssen:

  1. Die Gerichte (jedenfalls in Berlin) stellen faktisch ihre Tätigkeit ein. Schon jetzt sind (wie mir betroffene Richter telefonisch mitteilen) die meisten Geschäftsstellen nicht mehr besetzt. Gerichtstermine finden nach vorläufiger Planung bis 19.04.2020 nicht statt. Bereits anberaumte Termine werden aufgehoben. Neue Termine werden voraussichtlich erst nach einem Anlaufen des Betriebes bei den Gerichten und Abarbeitung der massiven Rückstände ab Juni 2020 anberaumt werden. Faktisch haben wir uns daher auf einen vorübergehenden Stillstand der Rechtspflege einzustellen.
  2. Es wird zunächst bei den von Betriebsschließungen und Stilllegung Betroffenen Betrieben der Gastronomie und des Einzelhandels, später auch bei praktisch allen anderen Gewerbemietern zu massiven Zahlungsausfällen und Insolvenzen kommen. Wie ich soeben erfahre, gehen auch größere Hotelketten derzeit in die vollständige Betriebsschließung, hier wird es zu Insolvenzen kommen. Selbst bei großzügigen staatlichen Hilfen ist nicht davon auszugehen, dass für Tausende kleiner und mittlerer Gewerbebetriebe kurzfristig die für die Aufrechterhaltung der vertraglichen Verpflichtungen notwendigen Mittel bereitgestellt werden können. Hier wird es in den kommenden Monaten notwendig sein, dass entweder mit schließenden Mietern geklärt wird, ob eine sofortige Rückgabe des Objekts erfolgt oder ob dieses noch weiter bewirtschaftet wird. Denn ansonsten ist eine Objektbewachung oder Objektsicherung einzurichten – und das bedeutet weitere erhebliche Kosten.
  3. Mit kleineren Betrieben sollte unbürokratisch und direkt die Perspektive besprochen werden. Hier kommt eine teilweise Stundung, besser ein teilweiser Erlass der vereinbarten Miete in Betracht, wenn sich die Mieter im Gegenzug verpflichten, das Objekt sofort nach Ende der Schließung wieder zu eröffnen und in der Zwischenzeit zu bewirtschaften/bewachen. Sinnvoll erscheint nach dem derzeitigen Stand ein Zeitraum von drei bis 5 Monaten, also bis Juli/August.
  4. Ein vollständiger Stopp aller Mietzahlungen ist aus vielen Gründen nicht sinnvoll, auch nicht vorübergehend! Die meisten Gewerbetreibenden haben Rücklagen oder bekommen Überbrückungsgelder und staatliche Hilfen.
  5. Bei Wohnraummietern sollte vor allem Hektik vermieden werden. Hier wird es meist nicht sofort und nicht vollständig zu Zahlungsausfällen kommen. Bleiben einzelne Mieten aus, muss mit den Mietern persönlich und individuell geklärt werden, ob die Mietzahlungsfähigkeit nur vorübergehend beeinträchtigt ist und vor allem, ob staatliche Hilfen beantragt und zu erwarten sind. Die Mieter müssen/sollen schriftliche Belege/Unterlagen vorlegen! Ein vollständiger Stopp mit Mietzahlungen ist gerade bei Wohnraummietverhältnissen nicht akzeptabel! Keinesfalls sollte sofort und in jedem Fall Räumungsklage eingereicht werden.

Bedenken Sie: Die Weltwirtschaft steht nach Ansicht von Experten bereits jetzt in der vermutlich größten Krise aller Zeiten, denn eine komplett herunter gefahrene Wirtschaft lässt sich nur über Jahre wieder aufbauen. Versuchen wir, besonnen damit umzugehen!

BRAK und beA im Panikmodus

Es ist schon bemerkenswert: Zuerst versendet die Bundesrechtsanwaltskammer über beA eine Nachricht an alle Benutzer mit Informationen zu Corona. Nur leider wird der Anhang vergessen (kontrolliert eigentlich dort jemand Aussendungen an > 10.000 Adressaten). Und dann wird sicherheitshalber noch das beA komplett stillgelegt:

seit mehr als einem Tag offline – Screenshot vom 17.03.2020

In den nächsten zwei Monaten wird sich zeigen, wer es kann. Die BRAK will offenbar nicht dazu gehören.

Mieter-Spruch des Jahres 2019

Kennen Sie übrigens den Mieter-Spruch des Jahres 2019?

„Jetzt kommen Sie mir mal nicht mit dem Mietvertrag!“

Ganz im Ernst sagte der Mieter das – wozu brauchen wir auch einen Mietvertrag, wenn wir schon ab und zu Miete zahlen.

Vielen Dank an Herrn Signer von Wolf-Immobilien-Management GmbH für diese Stilblüte.

Kalaschnikow in der Innenstadt

Die Meldung in der Bild Zeitung

Mietrecht ist auch, wenn der neue Mieter, der junge Mann in der Zweizimmerwohnung, erst laute nächtliche Party macht (zum Glück dafür abgemahnt wurde) und danach mit einer Kalaschnikow in der offenen Einkaufstasche durch die Fußgängerzone von Neuruppin läuft. War wohl eine ziemlich kleine Einkaufstasche – die Passanten holten jedenfalls sofort die Polizei.

Und wenn die Polizei bei der anschließenden Durchsuchung der Wohnung noch größere Mengen moderner Drogen findet, dann ist wohl eine Kündigung fällig. So wild kann es sein, das Vermieterleben in der brandenburgischen Kleinstadt.